So viel ist die Wohnung wert:
Ein seriöser Sachverständiger wird sich vor Ort ein Bild machen. „Wir schauen uns die Wohnung und die allgemeinen Teile des Hauses an. Wird ein Zinshaus bewertet, gehen wir auch in den Keller und auf den Dachboden“, sagt Otto Bammer, Gerichtssachverständiger und Studiengangsleiter am Institut für Immobilienwirtschaft der FHWien der WKW. Dann werden relevante Grundbuchsurkunden ausgehoben. Bei der Hausverwaltung wird eruiert wie hoch die Betriebskosten sind, wie viel Geld im Instandhaltungstopf ist und welche Maßnahmen in den nächsten Jahren anstehen. „Bei Wohnungseigentumsobjekten verlange ich auch gerne das Protokoll der letzten Eigentümerversammlung und ich frage nach, ob es ein von der Gemeinschaft aufgenommenes Darlehen gibt. Diese Lasten sind nämlich nicht verbüchert und daher nicht im Grundbuch zu sehen“, erklärt Buchmeier.
Bei der Baupolizei wird Einsicht in den Bauakt genommen. „Vor allem im Altbestand schauen die Wohnungen in Wirklichkeit oft ganz anders aus als in den Plänen. Viele Umbauten wurden der Baupolizei nie gemeldet“, berichtet Bammer. Gibt es aber keine Baugenehmigung, kann das den Wert mindern.
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Einen großen Einfluss auf den Wert einer Immobilie hat die Lage. Nicht immer geht es um objektive Kriterien, manchmal ist allein die Adresse ausschlaggebend. „Im 19. Bezirk gibt es Gegenden wo man man keinen Supermarkt und keine öffentlichen Verkehrsmittel hat. Aber die Immobilie ist mehr wert, weil es ruhig ist und man sagen kann: Wir wohnen im Neunzehnten“, erklärt Bammer.
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Wie viel ein Gutachten kostet, hängt vom Aufwand im Einzelfall ab und ist Vereinbarungssache. In einem Gerichtsverfahren wird nach dem Gerichtsgebührenanspruchsgesetz abgerechnet. Je größer der Wert der Immobilie, umso teurer ist das Gutachten. Ein realistischer Preis liegt bei 0,5 bis 1,5 Prozent des Schätzwertes. Eine Bewertung für ein Einfamilienhaus kostet im Durchschnitt zwischen 1500 und 2500 Euro. „Für einen Privaten, der nur wissen will, was das Objekt wert ist, falls er irgendwann verkauft, zahlt sich das nicht aus. Anders ist es bei einer Scheidung oder der Aufteilung des Erbes. Da hat man mit dem Befund eines Experten sicher eine bessere Verhandlungsbasis“, sagt Buchmeier. Und Astrid Grantner, Geschäftsführerin der EHL Immobilien Bewertungs GmbH, rät zur Vorsicht: „Als Untergrenze für ein seriöses, unabhängiges Gutachten für eine Eigentumswohnung muss man 1000 Euro netto ansetzen. Alles was darunter liegt, kann eigentlich nur oberflächlich sein oder es ist ein Lockvogelangebot bei dem darum geht, einen Vermarktungsauftrag für das Objekt zu bekommen – solchen Gutachten gegenüber wäre ich zutiefst skeptisch.“Wenn jemand seine Wohnung verkaufen will oder sein Testament vorbereitet, genügt auch eine vereinfachte Verkehrswerteinschätzung. „Ein solches ,Gutachten light‘ ist um 20 bis 40 Prozent günstiger“, erklärt Bammer. Der Sachverständige besichtigt zwar das Objekt, recherchiert aber nicht selbst, sondern arbeitet mit den Informationen, die ihm der Eigentümer gibt. „In so einem Kurzgutachten wird auch vermerkt, dass man von ungeprüften Angaben ausgeht und auf welchen Unterlagen und Angaben des Auftraggebers die Bewertung beruht. Das ist wichtig, damit der Sachverständige nicht in eine unangenehme Haftungssituation kommt“, erklärt Bammer.
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Doch wie findet man einen seriösen Gutachter? „Die Qualität ist sicherlich an diversen Zertifizierungen ablesbar. Auf Nummer Sicher gehen Sie auch, wenn Sie sich an etablierte und unabhängige Unternehmen wenden“, sagt Grantner. Beim Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen gibt es eine Liste von gerichtlich geprüften Gutachtern. Suchen kann man nach Bundesländern und Fachgebieten. Auch die Mitgliedschaft bei internationalen Berufsverbänden wie der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) ist ein Qualitätsmerkmal.
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https://kurier.at/wirtschaft/immobiz/wie-viel-ist-das-haus-wert/293.036.292
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