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Wiener Wohnen: Alarmstufe Rot im Gemeindebau

Bestechliche Mitarbeiter, korrupte Geschäftspartner – trotz schwerer Vorwürfe und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft versuchen die Verantwortlichen von Wiener Wohnen den Skandal um minderwertige Sanierungen in Gemeindebauten herunterzuspielen.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen 32 Mitarbeiter von Wiener Wohnen. Der Verdacht: Bestechlichkeit. Im Austausch für Tank- und Einkaufsgutscheine und Autobahnvignetten sollen Mitarbeiter bei der Kontrolle von Handwerkeraufträgen beide Augen zugedrückt haben. Sofern die Kontrolle überhaupt stattfand.

Bei Sanierungen von Gemeindewohnungen sei zum Beispiel für drei Wandanstriche bezahlt worden, ausgemalt wurde tatsächlich nur einmal. Im Einzelnen betrachtet klingt das nach einer Bagatelle. Doch Wiener Wohnen verwaltet 220.000 Wohnungen – in wie vielen davon gepfuscht wurde, ist unklar. Ein Schaden in zweistelliger Millionenhöhe steht im Raum.

Seit Jahren steht die städtische Hausverwaltung immer wieder in der Kritik. Wie etwa 2015, als eine Mitarbeiterin des Tochterunternehmens Wiener Wohnen Haus- und Außenbetreuung GmbH wegen des Verdachts der Untreue entlassen wird. Oder 2011, als das Nachrichtenmagazin „Profil“ über ein angebliches Installateurkartell berichtet, das seine Angebote bei einer Ausschreibung abgestimmt haben soll. Es kam schließlich nur deshalb zu keiner Strafe durch die Wettbewerbsbehörde, weil der Auftragswert nach Ansicht des Kartellgerichts unter der damaligen Bagatellgrenze von 200 Millionen Euro lag. Konsequenzen gab es hingegen im Jahr 2009: Damals musste der Geschäftsführer der Wiener Wohnen Hausbetreuung GmbH gehen, als bekannt wurde, dass er seinen Schwager mit Aufträgen versorgt hatte. Stadtrechnungshof Immer wieder weisen auch die Prüfer des Stadtrechnungshofes in ihren Berichten auf Unregelmäßigkeiten bei Auftragsvergaben durch Wiener Wohnen hin. Etwa Anfang 2015, als der Stadtrechnungshof aufdeckte, dass die Hausverwaltung zahlreiche Glaserarbeiten direkt vergeben hatte. 20 Verträge mit Unternehmen waren damals ausgelaufen. Anstatt erneut Rahmenverträge auszuschreiben, wurden die Aufträge einfach direkt verlängert. …

Wiener Wohnen ist nicht irgendeine Hausverwaltung, es ist die größte Europas. Knapp eine Milliarde Euro Umsatz macht die Unternehmung im Jahr – bei dieser Größenordnung passieren unweigerlich Fehler. Doch in dieser Häufigkeit und Schwere?

Ein Grund für die Anfälligkeit von Wiener Wohnen liegt in seiner intransparenten Struktur:

Vor zweieinhalb Jahren bezog die städtische Hausverwaltung ihre neue Bleibe. Für den 105-Millionen-Euro-Bau sei keine Ausschreibung nötig gewesen, sagt Wiener Wohnen. Denn: Man miete die Immobilie nur. Trotzdem waren die Entscheidungsträger der Hausverwaltung früh und intensiv in Planung und Bauausführung eingebunden. Man hatte sogar einen Standortwettbewerb durchgeführt und dazu Bauträger eingeladen. Eine „mieterseitige Begleitung“ des Bauvorhabens wurde eingerichtet, die Zentrale war schließlich maßgeschneidert auf die Bedürfnisse von Wiener Wohnen – alles Indizien für einen bestellten Bau, wie Vergabejuristen sagen. All das passiert unter Ausschluss der Öffentlichkeit: die Entscheidung, eine neue Zentrale zu beziehen, der Standortwettbewerb, die Aufträge an externe Firmen zur Bauüberwachung.

Doch nicht nur gegenüber der Opposition und der Öffentlichkeit gibt sich Wiener Wohnen verschlossen – selbst die eigenen Mieter haben es oft schwer, ein offenes Ohr bei ihrer Hausverwaltung zu finden. Insbesondere wenn Dinge nicht so rund laufen. So betont Stadtrat Ludwig im aktuellen Fall, dass den Mietern durch die nicht sachgemäß ausgeführten Arbeiten kein Nachteil entstanden sei. Das stimmt nicht. Es gibt Mieter, denen nicht sachgemäße Sanierungen beim Bezug ihrer Wohnungen auffielen – und die dies der Hausverwaltung auch meldeten. … Auf Anfrage verweist Wiener Wohnen darauf, auf pauschale Vorwürfe nicht reagieren zu können. Sollte sich der Fall so zugetragen haben, „entspricht das nicht dem Selbstverständnis des Unternehmens als moderner Dienstleister“, schreibt eine Sprecherin.

Wenn Mieter der Empfehlung des Stadtrats nachkommen und ihre Betriebskostenabrechnungen kontrollieren, Fehler entdecken und Geld zurückfordern, kann das in einen Kampf David gegen Goliath ausarten.

Doch die Menge macht’s: Von 2007 bis 2015 geht es um Mehrkosten von insgesamt rund 26 Millionen Euro. Mietern wie jenem im Adolf-Schärf-Hof, der diesen Kostenanstieg beeinspruchte, kam Wiener Wohnen nicht entgegen. Man sah sich vor Gericht wieder, kein leichter Schritt für einen Mieter. Für die Juristen des Gemeindebauverwalters eine Formalität – und ein Bilanzposten, für den letztlich ohnehin die Mieter aufkommen. Mit ihren Einsprüchen bekamen die Mieter im Adolf-Schärf-Hof und im Hugo-Breitner-Hof in Penzing Recht.

Selbst bei Mietrechtsstreitigkeiten, in denen bereits ein Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) vorliegt, lenkt die städtische Hausverwaltung nicht gern ein.

Rund 200.000 Euro bekommen die Bewohner der Wohnhausanlage zurück; jenen Betrag, den sie in den drei Jahren zuvor zu viel bezahlt hatten. Alles davor war verjährt.

Als Medien Jahre später über den Fall berichten, sagt Wiener Wohnen, man habe allen betroffenen Mietern „aktiv“ die zu viel berechneten Betriebskosten zurückbezahlt. Hier wird sichtbar, wie Wiener Wohnen Fehler kleinzureden versucht, für die letztlich die Mieter aufkommen müssen. So wie beim aktuellen Skandal: Dass Ermittlungen laufen, will Ludwig als Erfolg der internen Revision von Wiener Wohnen verstanden wissen. Bei den 32 verdächtigen Mitarbeitern sahen bisher weder Wiener Wohnen noch der Stadtrat einen Grund zur Kündigung. Es gab nur Versetzungen und Suspendierungen. Die damals wie heute bekanntgewordenen Missstände zeigen, dass die Führung der Hausverwaltung „eine klare Null-Toleranz-Politik gegenüber jeder Form der Korruption fährt“, schreibt die Sprecherin. Auch Stadtrat Ludwig sagt: „Wo immer strafrechtliche Tatbestände erfolgen, werde ich mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die betreffenden Personen mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden.“

http://derstandard.at/2000053167085/Wiener-Wohnen-Alarmstufe-Rot-im-Gemeindebau

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