OGH: Hausbetreuung im Winterdienst – zur Haftung von Eigentümern und Hausverwaltern
§§ 1295 ff ABGB, § 1319a ABGB, § 1315 ABGB, § 1313a ABGB, § 18 WEG 2002, § 20 WEG 2002
GZ 3 Ob 136/12i, 19.09.2012
Der OGH hatte in den letzten Jahren mehrmals Entscheidungen zur Haftung von Eigentümergemeinschaften und Hausverwaltern nach Stürzen von Fußgängern auf schnee- oder eisbedeckten Außenflächen zu treffen.
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Neben einer Besorgungsgehilfenhaftung nach § 1315 ABGB kann ein haftungsbegründendes eigenes Verschulden der Eigentümergemeinschaft, die den Winterdienst auf einen selbständigen Unternehmer ausgelagert hat, in Form eines Organisations-, Auswahl-oder Überwachungsverschuldens bestehen. Selbst im Anwendungsbereich des § 1319a ABGB lässt die Rsp hiefür leichte Fahrlässigkeit ausreichen.
Auch eine persönliche Haftung des Verwalters gegenüber Wohnungseigentümern sowie gegenüber Dritten setzt (außerhalb einer Haftung für Besorgungsgehilfen nach § 1315 ABGB) eigenes Verschulden voraus, insbesondere – so wie bei der Eigentümergemeinschaft – Organisations-, Auswahl– oder Überwachungsverschulden.
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Das Einrichten einer „Rund um die Uhr“-Räumung oder Streuung des Parkplatzes ist nicht erforderlich, um den gebotenen Sorgfaltspflichten zu genügen.
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Die Beweislast dafür, dass der Schaden bei pflichtgemäßem Verhalten nicht eingetreten wäre, trifft den Geschädigten… [D]ie Frage, wie sich die Geschehnisse entwickelt hätten, wenn der Schädiger pflichtgemäß gehandelt hätte, lässt sich naturgemäß nie mit letzter Sicherheit beantworten, weil dieses Geschehen eben nicht stattgefunden hat. Nur wenn nach der Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Kausalzusammenhang spricht, dann muss die freie Beweiswürdigung den Tatrichter dazu führen, den Kausalzusammenhang als erwiesen anzunehmen, sofern nicht der geklagte Schädiger diesen prima-facie-Beweis dadurch erschüttert, dass er eine ernstlich in Betracht zu ziehende Möglichkeit einer anderen Ursache oder eines anderen Ablaufs dartut.
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http://www.jusguide.at/index.php?id=88&tx_ttnews%5Btt_news%5D=13246
Kommt jemand somit durch die Verletzung der Winterdienstpflicht zu Schaden, haftet grundsätzlich die Eigentümergemeinschaft dafür, und zwar auch dann, wenn der Verletzte selbst Miteigentümer ist. Wurde ein Drittunternehmen beauftragt, haftet auch dieses, weil es laut Straßenverkehrsordnung in diesem Fall ja direkt und selbst zum Winterdienst verpflichtet ist. Eine Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft kommt dennoch in Frage, und zwar aufgrund der Wegehalterhaftung, die im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt ist. Sie wird aber nur schlagend, wenn ein untaugliches oder untüchtiges Unternehmen beauftragt wurde. Aus dieser Wegehalterhaftung kann sich auch eine Verpflichtung der Wohnungseigentümergemeinschaft (also der Hausverwaltung) ergeben, außerhalb der Winterdienstzeiten (also zwischen 22 und 6 Uhr) oder auf Wegen, für welche die Winterdienstpflicht der Straßenverkehrsordnung nicht gilt (insb zB Wege innerhalb einer größeren Anlage), für eine Räumung und/oder Streuung zu sorgen.
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